Partei
Von: Florian Ladenstein (10.3.2015)
Viele Leute werden ganz komisch und abweisend, wenn sie das Wort „Feminismus“ hören. Manche, weil sie keine Ahnung davon haben und an „Kampflesben“, „Männerhasserinnen“ oder andere Schreckgespensterklischees aus Fernsehen und Zeitung denken. Andere, weil sie meinen, das wäre „reformistisch“ und nicht „revolutionär“ genug. Aber was heißt „Feminismus“ wirklich?
bell hooks, eine Schwarze Autorin und Kulturkritikerin aus den USA, hat eine kurze und prägnante Antwort parat: „Feminismus ist eine Bewegung für ein Ende von Sexismus, sexistischer Ausbeutung und Unterdrückung.“ Notwendigerweise stellt sich Feminismus daher gegen das Patriarchat: das soziale System, in dem Männer als Norm gelten und vielfach privilegiert sind. Die ganze Sache hat also nichts mit Männerhassen zu tun, sondern mit Gleichheit: Feminismus bedeutet, dass alle Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht gleich viel Rechte und Möglichkeiten haben sollen, am gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Leben teilzuhaben.
Beharrliches Patriachat
Heutzutage wollen uns einige Leute und Medien erzählen, dass das mit Feminismus
alles Blödsinn ist, weil ja ohnehin schon alles erreicht sei. Während es
stimmt, dass sich in den letzten 200 Jahren so Einiges getan hat, bleibt
weiterhin genug zu tun. Hartnäckig hält sich, abseits von Sonntagsreden und
Lippenbekenntnissen zum Frauentag, die Ansicht, dass ein großer Teil der
Menschheit für weniger Geld gleich viel arbeiten soll, oder generell schlechter
bezahlte und weniger angesehene Arbeiten verrichten soll. Oder den Großteil
unbezahlter Reproduktionsarbeiten erledigen soll. Oder
geschlechtsspezifische Arten von alltäglicher Gewalt (wie sexuelle
Belästigung) erdulden soll, nur weil die Personen das Etikett „weiblich“
tragen. Auch das Recht auf leistbare und medizinisch sichere Abtreibung wird
weiterhin viel zu oft in Frage gestellt.
Töchter/Söhne
Es ist aber äußerst ernüchternd, wenn auch in den heutigen modernen und
aufgeklärten Zeiten eine ausschließlich symbolische Gleichstellung vielerorts
bereits abgelehnt und verpönt wird. Da wird einfach mal mehr als die Hälfte
der österreichischen Bevölkerung nur beiläufig „mitgemeint“ und ein
sexistischer Sänger zum Held der Nation hochstilisiert. Von Außenminister Kurz
auserwählt, soll Andreas Gabalier den Stolz auf Österreich darstellen; ein
Mann, der Frauen zu Sexobjekten macht und ausschließlich als
„Zuckerpuppen“, „liabes Weiberl“, „sweet little Rehlein“, „kloane
Mäderl“, oder „fesche Dirndln“ sieht.
Unsichtbare Frauen
Vollkommen unverständlich ist auch, dass Frauen vielerorts immer noch keine
öffentlichen Räume zugestanden bekommen. Wie wir bereits mehrfach berichtet
haben, gibt es derzeit nur 2! Gassen im Ort, die nach Frauen benannt wurden.
Deshalb wäre es eigentlich nur logisch, wenn sich Gablitz dazu verpflichten
würde, neu gebaute Straßen und Plätze ausschließlich nach Frauen zu
benennen. Aber Logik hat in Gablitz noch nie eine große Rolle gespielt, deshalb
werden weiterhin Männer bevorzugt. Dabei gibt es eine Vielzahl an potentiellen
Würdenträgerinnen, auch mit Bezug zu Gablitz: Karoline Nagelmüller-Grünbaum,
Hildegard Jone, Rosa Mayreder, Bertha Rieger, Marie-Louise v. Matesiczky,
Johanna Dohnal, Gerty Cori, Olga Prager, und und und. Seien wir ehrlich, wieso
gibt es eine Paracelsus-Gasse, aber keine Hildegard-von-Bingen-Gasse? Nur weil
sie „Frau“ war?
Wir Grüne und Junge Grüne haben am 8. März, dem internationalen Frauen(kampf)tag, gezeigt wie ein Gablitz, das Frauen ebenso wie Männer wertschätzt, aussehen könnte und eigene Straßenschilder aufgehängt. Zu 42 nach Männern benannten Gassen, haben wir Frauen ausgesucht, die ähnliches bewirkt haben. Von Mathematikerinnen, Nobelpreisgewinnerinnen, Widerstandskämpferinnen, Opernsängerinnen, Schriftstellerinnen, Komponistinnen, Bildhauerinnen bis zu Frauenrechtlerinnen hören wir in der Regel kaum, aber es gibt sie – und es gibt viele – und sie haben mitunter wahrlich grandiose Dinge bewirkt. Einige dieser Frauen haben wir deshalb endlich in die Gablitzer Öffentlichkeit gebracht.
Zwar mögen Straßenschildernamen erstmals belanglos erscheinen, jedoch allein die Notwendigkeit, dass wir im Gemeinderat bereits um die symbolische Wertschätzung von Frauen verbittert kämpfen müssen – und an den anderen Parteien scheitern, zeigt, dass wir von einer strukturellen Gleichstellung auch in Gablitz noch meilenweit entfernt sind.